Soziale Inklusion in der Berufsbildung

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Der erste von 20 Grundsätzen der Europäischen Säule sozialer Rechte ist der allgemeinen und beruflichen Bildung und dem lebenslangen Lernen gewidmet: 

“Jede Person hat das Recht auf allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen von hoher Qualität und in inklusiver Form, damit sie Kompetenzen bewahren und erwerben kann, die es ihr ermöglichen, vollständig am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und Übergänge auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu bewältigen.”

(Source: https://ec.europa.eu/commission/priorities/deeper-and-fairer-economic-and-monetary-union/european-pillar-social-rights/european-pillar-social-rights-20-principles_de)

In ganz Europa finden wir zahlreiche Initiativen, Projekte und Programme, die die Inklusion benachteiligter Menschen in die Bildung und damit in die Arbeit unterstützen. Sie zeigen auch, dass die Umsetzung sozialer Inklusion in der Bildung und speziell in der Berufsbildung auch von der Struktur des Bildungssystems und der jeweiligen nationalen Politik in den einzelnen Ländern abhängt. Im Folgenden werden wir drei bewährte Ansätze vorstellen, die während der Konferenz VET4FUTURE präsentiert wurden

  • Individueller Bildungsplan
    Das Istituto Omnicomprensivo Giano dell’Umbria – Bastardo aus Italien begann 2019 mit Individuellen Bildungsplänen (IBP) zu arbeiten. Dabei handelt es sich um einen ganzheitlichen Bildungsansatz, der die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler fördert, die nicht nur akademische, sondern auch soziale Kompetenzen und lebenspraktische Fertigkeiten umfassen. Der Ansatz zieht sich durch den gesamten Bildungszyklus, von der Grundschule bis zur Sekundarschule, einschließlich der beruflichen Bildung. Darüber hinaus können IBPs nicht nur auf benachteiligte, sondern auf alle Schülerinnen und Schüler angewandt werden. Jeder Schüler wird beurteilt, es werden individuelle Ziele gesetzt und geeignete didaktische Maßnahmen und Methoden gewählt, um diese zu erreichen. Auf der Grundlage der IEP und angespornt durch die erreichten Leistungen werden Lebensprojekte für benachteiligte Schülerinnen und Schüler entwickelt. Damit dieser Ansatz funktioniert, müssen der soziale Hintergrund und die Gemeinschaft um einen Schüler herum einbezogen werden – die Schule, die Familie, relevante Verbände, soziale Dienste sowie Unternehmen – mit dem Ziel, jeden Schüler und jede Schüler bei seinem/ ihrem beruflichen Werdegang zu unterstützen.
  • Inklusive Praktika
    Die Schlüssel zur erfolgreichen Inklusion von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsplatz wurden von DomSpain Consulting aus Spanien vorgestellt. Es ist wichtig, sich der Mythen und vorgefassten Meinungen bewusst zu sein, das gesamte Unternehmen einzubeziehen, das Bewusstsein der Mitarbeiter zu schärfen und eine effektive Kommunikationsstrategie zu implementieren. Besonders bewusste und unbewusste Vorurteile können eine Herausforderung für die Inklusion sein. Es muss berücksichtigt werden, dass Schülerinnen und Schüler, die an einem Praktikum in einem Unternehmen teilnehmen, unterschiedliche spezielle Bedürfnisse haben, auf die eingegangen werden muss und für die Lösungen gefunden werden müssen. Für Personen mit eingeschränkter Mobilität müssen möglicherweise architektonische Barrieren überwunden werden. Für Personen mit Hör- oder Sehbehinderungen können verschiedene Kommunikationsmethoden und -technologien eingesetzt werden. Unternehmen sollten auch über die Barrierefreiheit ihrer Dokumente und ihrer Webseite nachdenken. Personen mit Legasthenie oder anderen Lernschwierigkeiten werden für leicht lesbare Anleitungen dankbar sein. Daher sollte im Vorfeld eine sorgfältige Bewertung der spezifischen Situation erfolgen, um den Bedürfnissen der Praktikantin/des Praktikanten gerecht zu werden und einen erfolgreichen Praktikumsbeginn zu gewährleisten.
  • Mobilitäten für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf
    Ein bestärkender Schritt kann die Teilnahme von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Erasmus+-Projekten und -Mobilitäten sein, wie im Fall des Istituto d’istruzione superiore Ciuffelli-Einaudi, Todi in Italien. Während des gesamten Projekts „Linking Business, Enterprise & Entrepreneurial Skills Internationally“ nahmen an den Projektaktivitäten auch Schülerinnen und Schüler mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen teil, um die Kommunikation und Zusammenarbeit unter Gleichaltrigen zu fördern. Die Schülerinnen und Schüler konnten an Mobilitäten in den Partnerländern des Projekts teilnehmen. Die Partnerschaft konzentrierte sich auf das, was die Schülerinnen und Schüler können, und nicht auf das, was sie nicht können. Das Lernen wurde durch kreative Aktivitäten erleichtert, die Verantwortung, Teamarbeit, Risikobereitschaft und Problemlösung fördern. Darüber hinaus wurden die Aktivitäten so gestaltet, dass sie den verschiedenen Lernstilen der Schülerinnen und Schüler entsprachen. Durch diese Aktivitäten und die Möglichkeit, an einer Mobilität teilzunehmen, wurde unter anderem das Selbstvertrauen der Schülerinnen und Schüler erhöht und ihre Kommunikationsfähigkeiten verbessert.